Das dritte Jahrzehnt

Wir stehen in der dritten Dekade (1977-1986)
Ich spreche mit Dieter Schölknecht, der von 1976 bis 2006 Kirchenvorsteher unserer Kirchengemeinde war. Er lebt seit 1971 in Neu Wulmstorf und pflegt mit seinem Team, den "Schatzpflegern", die Außenanlagen rund um die Kirche.

In unserem Gespräch erschließt sich, welcher Segen engagierte Ehrenamtliche für eine Kirchengemeinde sind, wenn auch mancher Frust zum Ehrenamt gehören mag. Für diesen ehrenamtlichen und zwangsläufig auch belastbaren Gestaltungswillen steht der Name Dieter Schöllknecht, früher Inhaber einer Neu Wulmstorfer Drogerie und Reformhauses, jetzt Rentner.
In unserem Gespräch erschließt sich, welcher Segen engagierte Ehrenamtliche für eine Kirchengemeinde sind, wenn auch mancher Frust zum Ehrenamt gehören mag. Für diesen ehrenamtlichen und zwangsläufig auch belastbaren Gestaltungswillen steht der Name Dieter Schöllknecht, früher Inhaber einer Neu Wulmstorfer Drogerie- und Reformhauses, jetzt Rentner.

1977 bis 1986 – das Jahrzehnt, in dem die Krawatten erst breit und bunt waren und dann dünner wurden und oft aus Leder waren. Welche Erinnerungen an die Lutherkirchengemeinde verbinden Sie mit diesen Jahren?
„Prägend war für mich die Erfahrung, wie Kirche ihr eigenes Süppchen kochte und nicht Salz in der Bevölkerung war: Ich hatte meine Probleme mit der Kirche, den kirchlichen Entscheidungswegen – angefangen beim Kirchenvorstand bis hin zum Landeskirchenamt. Als ich Kirchenvorsteher war, habe ich mich dagegen aufgelehnt. Den Satz: ‚Das haben wir immer so gemacht‘ mochte ich gar nicht, vielmehr habe ich ständig alles hinterfragt.
Mir ging es nicht um breite, bunte oder dünne Krawatten in dieser Zeit. Mir ging es darum, dass wir in unserer Kirchengemeinde etwas ändern. Es ging immer sehr praktisch zu – und sparsam. Ich wollte – und will es bis heute – gestalten; es geht nicht nur darum, ob etwas praktisch ist, es geht in der Kirche und in einer Kirchengemeinde auch darum, ob etwas schön und ansprechend ist, ob etwas ästhetisch ist – im vollen Sinn des Wortes.“

Ihr Einsatz in diesen Jahren hatte das Motto: Weg von der Zweckmäßigkeit hin zur Schönheit.
„Genau. Mir ging es um die ästhetische Qualität unserer Kirche und später auch des Außengeländes. Mein Motto lautet: ‚Wo Schönheit ist, ist auch Gott.‘ Oder: ‚Chaos ist Leben, Ordnung ist Tod.‘ Das war natürlich immer ein Spagat. Ich musste Leute überzeugen. Gestaltungswille und Überzeugungsarbeit waren für mich in diesen Jahren also meine Themen.“

Friedensbewegung und Ökologiebewegung fallen in dieses Jahrzehnt. Waren diese gesamtgesellschaftlichen Bewegungen auch in unserer Kirchengemeinde wahrzunehmen? 
„Nein. Das spielte hier keine Rolle. Eine Anti-Atom-Bewegung gab es hier auch nicht. Friedensgebete kamen erst viel, viel später.“ 

Sie sind seit vielen Jahren ehrenamtlich aktiv. Was hat Sie zum Ehrenamt motiviert?
„‘Nicht meckern, selber machen.‘ So habe ich es immer gehalten. Als ich nach Neu Wulmstorf kam, hatte ich bereits zuvor im Posaunenchor der Christuskirche in Wandsbek mitgewirkt. Über den Posaunenchor der Lutherkirche dockte ich dann in der Kirchengemeinde insgesamt an. Wegen meines Gestaltungswillens war der Schritt in den Kirchenvorstand und in den Bauausschuss folgerichtig. Im Kirchenvorstand knallte es auch bisweilen; wir haben diskutiert, wir haben gestritten und – vor allem – wir haben uns geeinigt. Alle Diskussionen waren doch getragen von gegenseitiger Anerkennung. So kam es immer auch zu Einigungen. Zum Glück sind nicht alle so stur wie ich.“

Sie kennen die Lutherkirchengemeinde seit Jahrzehnten. Was empfinden sie als charakteristisch?
„Da passt vor allem ein Wort: Vielfalt. Sie muss gestaltet und zusammen geführt werden. Wo begegnen sich denn heute unterschiedliche Milieus und Generationen, wenn nicht in einer Kirchengemeinde? Und wo haben Ehrenamtliche einen solchen Gestaltungsspielraum wie in der Kirche?“

Sie sind zwar im Posaunenchor, aber gerade singen Sie ein Loblied auf das Ehrenamt. Manche sagen, das Ehrenamt, nicht nur das kirchliche Ehrenamt, stecke in einer Krise.
„Das mag sein. Für mich aber gehörte und gehört zur Lutherkirchengemeinde eine vielfältige Schar von Ehrenamtlichen, die selbstbewusst und voller Energie signalisieren: ‚Wir sind Kirche‘.

Ein Ehrenamtlicher, der in Ausnahmefällen auch den Pastor rasiert: dieses Bild ist also ganz typisch für Sie, für Ihren Rückblick und Ihr Kirchenverständnis?

„Das Foto muss bei einem Gemeindefest aufgenommen worden sein. Es handelte sich um eine Aktion, in deren Rahmen ich Pastor Wollermann rasiert habe. Das Bild hat schon etwas Typisches: Pastor Wollermann und ich haben im Kirchenvorstand viel diskutiert, da gab es manchmal auch Säbelrasseln‘. Aber die Gewissheit, dass wir gemeinsam Veränderungen auf den Weg bringen, uns vertrauen und in die Augen schauen können, war viel wichtiger.“